Germanische Siedlung
Gewiss, Fontanes Wanderungen in der Märkischen Heide gehen nicht zurück bis in die Zeit, von der die Spuren in Klein Köris Zeugnis ablegen, aber hätte der berühmte Wanderer bereits davon gehört, wäre er bestimmt nicht auf dem Segler ,,Sphinx" vorbeigeschippert wie einst am Ende des 19. Jahrhunderts, sondern hätte Halt gemacht und davon berichtet. Doch erst 1971 wurden die Spuren gefunden, die zur Entdeckung der Reste einer germanischen Siedlung im märkischen Sand führten.
Unweit des Ortseingangs, von der B 179 kommend, weist dem heutigen Wanderer, ob motorisiert oder per pedes, in der Seeuferkurve ein Wegweiser die Richtung zur ,,Germanischen Siedlung". In mühevoller Kleinarbeit entsteht dort auf historischem Grund eine durch Ausgrabungsfunde belegte Ansiedlung germanischen Ursprungs. Bereits am Eingang zum Gelände begrüßen den Besucher in gespenstischer Weise Stele, indianischen Totempfählen ähnlich, die Wächter der Siedlung. Ein- und mehräugig bannen sie jeden Besucher in ihren Kreis. Sie geben Anlass, über die einstigen Bewohner dieser Stätte nachzudenken. Es waren sicherlich Angehörige der angesehenen Stämme der Semnonen und Burgunder von deren Existenz schon Tacitus in seinem Buch ,,Germania" berichtete. Die bei den Ausgrabungen entdeckten Pfostenreste ehemaliger Bauten ergaben eine Ansiedlung von fast 40 Gebäuden unterschiedlicher Zweckbestimmung, die zwar nicht gleichzeitig hier standen, aber von einer Besiedelung über mehrere Jahrhunderte künden.
Die Spuren zweier Kalkbrennöfen lassen erkennen, dass die hiesigen Bewohner sich nicht nur mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigten, sondern ihre Produkte offenbar auf dem Wasserwege mit anderen tauschten. Schmiedereste zeugen von der Kunst der Eisenbe- und Verarbeitung. Die unermüdlichen Mitglieder der Fördergemeinschaft ,,Freilichtmuseum Germanische Siedlung" haben in originalgetreuer Bau- und Arbeitsweise bereits ein Web- oder Grubenhaus, einen Brunnen, Backöfen und einen Freiluftherd am durch archäologische Forschungen belegten Platz wiederhergestellt. Zwei weitere Bauten, ein ursprünglicher Speicher, ein sogenannter Stelzenbau und ein Wohnstallgebäude, ein sogenanntes Langhaus, sind gegenwärtig im Bau. Eine Klotzbeute zur Bienenhaltung wird als Demonstration historisch überlieferter Imkerei betrieben.
Wildgewächse und ursprünglich bereits von den Germanen angebaute Gewürz- und Färberkräuter sowie Getreidearten wie Hirse, Saubohnen und Hafer sind auf dem kargen Boden versuchsweise wieder angebaut worden, um nachzuweisen, dass diese Kulturen auch bereits in grauer Vorzeit hier gediehen. Sie lassen erahnen, wie mühselig und karg das Leben der Menschen hier gewesen sein muss.
Viele Besucher haben sich bereits einen ersten Einblick in die Existenzbedingungen der Germanen an Dahme und Spree verschafft. Zwar gehört noch eine gehörige Portion Phantasie dazu, sich ein Gesamtbild vom Leben und der Arbeitsweise unserer hiesigen Vorfahren zu machen, doch Anregungen gibt es bereits genügend.
Dem Interessierten stehen Führungen jeden ersten Sonntag der Monate April bis Oktober und nach Vereinbarung mit Herrn Gustav über Tel. 0160 99131186 zur Verfügung. In den beiden letzten Jahren haben nahezu 2.500 alte und junge Besucher das Germanische Dorf aufgesucht. Der Zustrom in diesem Jahr lässt ähnliche Gästezahlen erwarten.
H.M.